„Ich fotografiere, also bin ich“, könnte das Motto sein von Finn, dem Protagonisten in Palermo Shooting – in Anlehnung an Descartes’ berühmtes „Ich denke also bin ich“ von 1641. Der Fotograf, der im Wenders-Film eine Krise überwindet, indem er sich ihr stellt, wird kongenial gespielt von Tote-Hosen-Sänger Campino. International erfolgreich zwischen Werbefotografie und digital generierter Fotokunst, ist er anfangs vor allem eines: cool bis zur Selbstaufgabe. Der Erfolg um jeden Preis, vor allem den menschlicher Nähe (inklusive Nähe zu sich selbst), kaschiert lediglich seine wachsende innere Verzweiflung. Die Leere nennt Finn „eine Form von absurder Freiheit“. Der Akt des Fotografierens ist für ihn Selbstvergewisserung. So etwas wie Ruhe kennt er nur noch für den Sekundenbruchteil des Auslösens, ansonsten lebt er ein nervöses, zunehmend brüchiges Hochgeschwindigkeits-Leben. Ohne zu wissen wovor, ist er auf der Flucht.
Als Hochschuldozent diskutiert er mit einer Studentin, die seine Sicht der Welt kritisiert.
Finn: „Die Dinge sind nur Oberfläche. Das ist doch nicht so schwer zu verstehen.“
Studentin: „Also, wenn nichts hinter den Dingen hervortreten kann, dann brauchen wir sie auch nicht zu fotografieren. Dann brauchen wir gar nichts mehr zu tun. Dann können wir uns auch in Ruhe besaufen. ...“
Sinn oder Nicht-Sinn, ist also die Frage, um die der Film kreist.
Finn: „Die Dinge sind nur Oberfläche. Das ist doch nicht so schwer zu verstehen.“
Studentin: „Also, wenn nichts hinter den Dingen hervortreten kann, dann brauchen wir sie auch nicht zu fotografieren. Dann brauchen wir gar nichts mehr zu tun. Dann können wir uns auch in Ruhe besaufen. ...“
Sinn oder Nicht-Sinn, ist also die Frage, um die der Film kreist.
Die Antwort gibt – der Tod. Denis Hopper verleiht ihm die Größe einer mythischen Figur, wie sie in der Kunstgeschichte zu bestimmten Epochen dargestellt wurde. Als Antwort auf Finns „Schüsse“ (to shoot pictures) schießt er zurück - ein genialer Kunstgriff. Mit Pfeil und Bogen, zielt und trifft er den Fotografen, der seinerseits weiterhin versucht, seinen Verfolger ins Bild zu bannen (dabei zitiert Wenders das Schlüsselmotiv aus Blow Up, dem Klassiker des von ihm verehrten italienischen Regisseurs Antonioni). Die Jagd ist eröffnet, der Fotograf lässt sich auf ein Tauziehen mit dem Tod ein – ein äußerst metaphorisches Motiv, wird doch der Fotografie auf eine Art die Überwindung des Todes nachgesagt. So begegnet beispielsweise nach Roland Barthes („Die helle Kammer“, siehe Blog-Eintrag vom 10. Mai) unsere Zeit dem Tod in der Fotografie. Die Photographie könnte ... mit dem Vordringen eines asymbolischen Todes in unserer modernen Gesellschaft korrespondieren, eines Todes außerhalb von Religion und Ritual ... DAS LEBEN / DER TOD: das Paradigma wird auf ein simples Auslösen beschränkt, jenes, das die Ausgangspose vom fertigen Abzug trennt.
Der Film kommt übrigens trotz des einigermaßen bedeutungsschweren Themas durchaus auch leichtfüßig daher. Das verdankt er trattorie in sizilianischen Hinterhöfen, der vespa-fahrenden Restauratorin Flavia, aber vor allem dem herausragenden Soundtrack. Musik ist neben Fotografie genau genommen ein zweites Thema des Films, das aber heute nicht meines ist.
In Kürze geht's hier weiter.
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