"Hier ist alles näher", sagte ich neulich zu Bekannten, die den eher gedankenlos geäußerten Spruch für ein sehr taugliches München-Motto befanden. In diesem Sinne war ich gestern mal wieder in den sogenannten Münchner Hausbergen unterwegs. Während sich die meisten Orte mit einem Hausberg begnügen müssen, nennt die bayerische Landeshauptstadt gleich einen Gutteil der Alpen ihre "Hausberge"... Ein sympathischer Zug, schließlich kann man doch ruhig zu dem stehen, was man hat, anstatt sich falsche Bescheidenheit, neudeutsch Understatement, aufzubürden;-)
Die BOB (Bayerische Oberlandbahn) brachte mich denn also meinem geliebten Winter wieder näher. Schon am Spitzingsee war die Schneedecke noch geschlossen, und auf dem Weg zum Rotwandhaus wurde sie immer dicker. Wie das in den Bergen so üblich ist, ging es stetig bergauf bis die 600 Höhenmeter überwunden und geschafft waren - letzteres gilt auch für mich.
Unterwegs ließ sich die Höhe nicht nur an der zunehmenden Durchlichtung des Waldes in Richtung Baumgrenze, sondern auch an den gegenüberliegenden Bergen abmessen, die sich bald zu einem Gipfelmeer formierten. Man grüßt die Entgegenkommenden - und die Überholten - mit einem freundlichen "Servus"; das "Grüß Gott" scheint out zu sein. Schritt für Schritt löste sich das Zeitgefühl auf im Blau des Himmels, war zwischen zwei Atemzügen kein Platz mehr für die Rotoren des Denkens. Da erschien plötzlich, endlich, das Rotwandhaus, auf einem Bergrücken thronend, am Horizont. Holareiduljöö.
Schon meine Eltern, beide aktive Bergsteiger - immerhin war ich selber noch bevor ich das Licht der Welt erblickte bereits auf dem Mont Blanc - wussten um die Freude des Hüttenessens. In der dünnen Luft und mit eigener Anstrengung verdient, schmeckt alles ja viel besser. Gefühlt sind diese Berge auch meist höher, was sich auch in den Gesprächensfetzen, die ich unterwegs aufschnappte, widerspiegelt. "Also den Mount Everest wollt' ich nicht besteigen", machte eine Rodlerin vor der Gruppe ihre Grenzen unmissverständlich klar. "Aber wieso, das ist doch so was ähnliches hier", wurde ihr entgegnet. Bloß so einen kaiserlichen Schmarren bekommt man auf dem Everest nicht.
Neben dem Essen war auch die Aussicht unvergleichlich und kaum weniger als großartig. Ich sog sie nach Kräften in mich auf - das muss ja wohl wieder eine Weile vorhalten. Mit meinen Blicken verwandelte ich mich in einen Adler, der in dieser Pracht zu Hause ist. Ein Satz, den ich in meinem Bildband "Im Land der blauen Wolken - eine Reise nach Alaska" schrieb, wäre auch hier passend: "Die Weite begegnet der Seele." Mal sehen, wann ich dem Frühling das nächste Schnippchen schlage;-)
Copyright für alle Fotos: Christine Wawra |
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